Zur Geschichte

Etwas zur Geschichte des Mallinckrodthofes

Historische Ansicht des Gartens
Historische Ansicht des Gartens

In Nordborchen gab es ursprünglich zwei Adelssitze. Das Oberhaus, aus dem der heutige Mallinckrodthof hervorgegangen ist , und das Unterhaus, heute nur noch als Ruine erhalten. Beide befindet sich im Besitz der Gemeinde Borchen. Die Geschichte des Herrensitzes reicht bis in das 15. Jhd. zurück. Das heutige Herrenhaus erbaute Moritz-Wilhelm von Oeynhausen als Landsitz.

Nach dessen Tod 1702 wechselten die Besitzer häufig. Ab 1871 war Hermann von Mallinckrodt Besitzer des Oberhauses. Die Familie Mallinckrodt ließ Ende des 19. Jahrhunderts das Haupthaus in südlicher Richtung über die Gräfte hinweg erweitern und eine doppelläufige Treppe zum Park hin errichten. Zu dieser Zeit wurde vermutlich auch ein Park südlich des Hauses angelegt. Wegen der wechselnden Eigentümer der Anlage gibt es heute jedoch kaum Angaben über die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte des Parks. Das Anwesen wurde 1911 von der „Gesellschaft für Landwirtschaftliche Frauenbildung“ erworben und zuletzt als Land- und Hauswirtschaftsschule genutzt. Ursprünglich lag ein zusätzlicher Schwerpunkt der Ausbildung im gartenbaulichen Bereich, sodass der gesamte östliche Teil des Gartens, die heutige Wiese, als Nutzgarten bewirtschaftet wurde. Der Hof hatte auch Ländereien außerhalb des Dorfes, sowie eine Molkerei und Käserei in den historischen Kellergewölben des Herrenhauses.

Das damalige Oberhaus (Mallinckrodthof)

Grundriß der Hofanlage des Oberhauses um 1830 (Skizze: Konrad Lüke, Grundlage: Urkataster)
Grundriß der Hofanlage des Oberhauses um 1830 (Skizze: Konrad Lüke, Grundlage: Urkataster)

Der große Hof, so wurde das Oberhaus früher genannt, war freivererbliches Gut und gehörte den Paderborner Bischöfen. Sie belehnten adelige Familien mit dem Hof. Die ersten bekannten Besitzer waren die Herren von Driburg im 14. Jahrhundert. Nach dem Aussterben der Familie von Driburg belehnte Erzbischof Dietrich von Köln 1430 die Brüder Cord, Fridrich und Johann von Oeynhausen mit mehreren Gütern, darunter auch den großen Hof in Nordborchen.

Zum Ende des 19. Jahrhunderts wurden die meisten Wirtschaftsgebäude abgebrochen. Freiin Thekla von Mallinckrodt ließ im Jahre 1878 das Herrenhaus umbauen und über die Gräfte hinweg erweitern. Eine 1705 erbaute Scheune brannte durch Beschuß Ende des Krieges ab.

Der Mallinckrodthof als schulische Einrichtung

Hauswirtschaftsküche

Im Jahre 1992 feierte der Mallinckrodthof, Berufliche Schulen für Ernährung- und Hauswirtschaft, eine der ältesten Landwirtschaftlichen Bildungseinrichtungen Nordwestdeutschlands in freier Trägerschaft, seinen 80. Geburtstag als schulische Einrichtung. Viele Generationen junger Frauen haben hier ihre Ausbildung für ernährungs- und hauswirtschaftliche Berufe erhalten.

Welch historische Bedeutung dem Mallinckrodthof in der Frauenbildung zukommt, geht daraus hervor, daß die älteste staatliche Landfrauenschule in Deutschland nur neun Kortzfleisch begründeten Reifensteiner Verband für haus- und landwirtschaftliche Frauenbildung e.V. in Miesbach/Oberbayern eingerichtet wurde.

Ansicht: Historische Kapelle
Ansicht: Historische Kapelle

Die Gesellschaft für landwirtschaftliche Frauenbildung in Paderborn erwarb am 18. November 1911 den in einem schönen Park gelegenen und von einer Gräfte umgebenen Adelssitz „Haus Borchen“ von der damaligen Besitzerin, Frau Hedwig Peters, zum Preis von 49.355 Mark. Zuvor an die Nachbarn Franke, Lückehe, Willeke und Wirth verkaufte angrenzende Grundstücke wurden für 5.000 Mark teilweise zurückgekauft.

Die ersten fünf Gesellschafter mit einer Stammeinlage von) 4.000 Mark waren: Geistlicher Rat Johannes Schäfers, die Stifterin Else Schönbeck, Prof. Dr. Liese, der Katholische Frauenbund, Köln, der Volksvereinsverlag, Mönchengladbach. Die Einlageanteile der drei genannten Privatpersonen wurden später von Kreis und Stadt Paderborn und vom Bischöflichen Stuhl in Paderborn übernommen. Erste Geschäftsführer waren die Herren Geistlicher Rat Johannes Schäfers und Wilhelm Hohn, Mitgeschäftsführer des Volksvereinsverlages. Besondere Verdienste um Gründung und Aufbau der Schule erwarben sich Prälat Johannes Schäfers, Direktor Carl Blomenkemper und Frau Else Schönbeck.

Lehrunterricht im Butter herstellen

Als erstes Lehrpersonal standen zwei Gewerbelehrerinnen, eine Landwirtschaftslehrerin für Geflügel, eine Gärtnerin und eine Hausdame zur Verfügung. Als nebenamtliche Lehrkräfte für Turn- und Handarbeitsunterricht, Gesundheitspflege, Lebenskunde, Sozialkunde, Seelenkunde, Logik, Pädagogik und Didaktik konnten kompetente Personen aus Paderborn gewonnen werden.

Zu Ehren des Zentrumspolitikers, Landtags- und Reichstagsabgeordneten Hermann von Mallinckrodt, der 1871 von seinem Großvater mütterlicherseits, Hofrat Anton von Hartmann, Haus Borchen übernommen hatte, wählte die Gesellschaft für die neu geplante Schule die Bezeichnung „Wirtschaftliche Frauenschule Mallinckrodthof“. Nach den erforderlichen Umbauten für Schulzwecke und Wohnmöglichkeiten und mit vorliegender Genehmigung durch das Landwirtschaftsministerium fand am 23. April 1912 die Eröffnung der Schule statt. Der erste Jahrgang umfaßte bereits zwei Klassen: 1 Maidenjahr und 1 Seminarkursus. Ostern 1913 legten bereits 7 Kandidatinnen des Seminarkurses die erste Prüfung zur Lehrerin der landwirtschaftlichen Haushaltskunde mit gutem Erfolg ab.

Maidenzimmer

Noch im Laufe des Jahres 1913 wurde die Wirtschaftliche Frauenschule Mallinckrodthof als Lehrerinnenbildungsanstalt anerkannt. Aufgrund steigender Schülerzahlen erwarb der Schulträger Ende 1914 den gesamten Nachbarhof mit Wohnhaus, Stallungen und Scheune (heute Pfarrheim) von der Witwe Elisabeth Lückehe für 55.000 Mark. Familie Lückehe hatte den ehemaligen „Mathigeshof“ nach dem Brand ihres Hofes im Jahre 1906 von Familie Menke gekauft.

Das alte Schulhaus
Das alte Schulhaus

Das Wohnhaus wurde für Unterrichts- und Wohnzwecke umgebaut. Wie bereits erwähnt, erwuchs der Wirtschaftlichen Frauenschule als Hauptaufgabe im Seminarjahr die Heranbildung von Lehrkräften, die sowohl den praktischen Unterricht als auch die theoretischen Fachgebiete in berufsbildenden Schulen übernehmen konnten.

Im Mittelpunkt der Unterrichtsarbeit auf dem Mallinckrodthof stand damit die Ausbildung zur Lehrerin der landwirtschaftlichen Haushaltungskunde. Die Vorstufe zum Seminarkurs war das Maiden Jahr, das mit einer grundlegenden Einführung in alle Arbeitsgebiete der ländlichen Hauswirtschaft und einer vertieften Allgemeinbildung auch zur weiteren Qualifizierung in Berufen auf wirtschaftlichem und sozialem Gebiet führte. Die Ausbildung zur Lehrerin der landwirtschaftlichen Haushaltungskunde umfasste bis 1925 das Maidenjahr und das Seminarjahr an der Wirtschaftlichen Frauenschule auf dem Lande, ein einjähriges Praktikum entweder in der Säuglings- und Krankenpflege oder eine Weiterbildung im textilen Bereich und ein Probelehrjahr in einer dazu anerkannten Schule.

Küche in den 60ern
Küche in den 60ern

Um den gesteigerten Anforderungen, die in den zwanziger Jahren an die Lehrerbildung gestellt wurden, gerecht zu werden, erließ das preußische Landwirtschaftsministerium im Dezember 1925 neue Ausbildungsbestimmungen für die Lehrerin der landwirtschaftlichen Haushaltungskunde, die eine Verlängerung der Ausbildung zur Folge hatten. Die letzte Seminarprüfung aufgrund dieser Bestimmungen fand in Borchen am 26. März 1936 statt.

Bis zu diesem Zeitpunkt hatten insgesamt etwa 1250 junge Frauen den Mallinckrodthof besucht, pro Jahr ca. 50-60 Schülerinnen, die zu einem guten Teil aus der Stadt kamen. Ein Ministerialerlaß vom 10. Mai 1935 änderte den Ausbildungsweg dahingehend, daß die methodisch- pädagogische Unterweisung Staatsinstituten für den landwirtschaftlichen Unterricht übertragen wurde. Dadurch verlor der Mallinckrodthof zwar den Charakter einer Lehrerinnenbildungsanstalt, blieb aber eingebaut in den Bildungsweg zur landwirtschaftlichen Lehrerin. Dieser sah nun vor, nach 2jähriger praktischer Lehrzeit in einem landwirtschaftlichen Betrieb den 2jährigen Besuch einer Wirtschaftlichen Frauenschule mit Absolvierung der Unter- und Oberklasse und Abschluß mit der Staatsprüfung in landwirtschaftlichem Hauswerk, danach 2 Jahre Ausbildung durch das Staatsinstitut mit anschließendem Probejahr an einer Schule. Der Mallinckrodthof richtete aufgrund dieser Neuregelung als Landfrauenschule diese 2jährige Fachschule mit Unter- und Oberklasse ein.

Mallinckrodt-Schülerinnen beim Schützenumzug im Jahre 1951 (Quelle St.Seb. Schützenbruderschaft Nordborchen)

Diese hatte Bestand bis zur Verabschiedung des neuen Lehrerbildungsgesetzes Mitte der sechziger Jahre, durch das die fachliche und pädagogische Ausbildung an die Universitäten verlegt wurde. Der Schulträger des Mallinckrodthofes, der zur Zeit des Nationalsozialismus (1942) als Gesellschaft für landwirtschaftliche Frauenbildung aufgelöst und dem Provinzialverband Westfalen unterstellt worden war und dessen Nachfolgeinstitution, der Landschaftsverband Westfalen-Lippe, die Schule 1961 an den ursprünglichen Träger zurückgegeben hatte, entschloss sich zum Schuljahresbeginn 1964 zu folgendem Ausbildungsangebot:

Neben zwei Berufsfachschulen wurde schwerpunktmäßig die 3jährige Höhere Fachschule für ländliche Hauswirtschaft neu errichtet. Diese Schule war die erste Höhere Fachschule mit dieser Fachrichtung in Nordrhein-Westfalen, deren Unterrichtspläne mit vielen Mühen erarbeitet wurden. Junge Menschen für diese Lehraufgabe in der praktischen Anleitung auszubilden, entsprach der Erfahrung und Tradition des Mallinckrodthofes als Lehrerinnenbildungsstätte. Die Schule bot mit ihren verschiedenen berufsvorbereitenden Systemen und dem Gemeinschaftsleben im Wohnheim ein breites Übungsfeld für verantwortliche Aufgaben in der Anleitung, Fachberatung und Betriebsorganisation.

Speisesaal
Speisesaal

Aufgrund rasch steigender Schülerzahlen wurden die im Jahre 1961 begonnenen Umbauten von Schule und Wohnheim fortgesetzt und ein neuer Schulpavillon erstellt. Durch Inkrafttreten des Fachhochschulgesetzes 1971, das die Übernahme der Höheren Fachschulen in die neu einzurichtenden Fachschulen vorsah, ging das gerade aufgebaute Schulsystem der Höheren Fachschule für den Mallinckrodthof verloren.

Von den 1971 vorhandenen 105 Studentinnen in diesem Ausbildungszweig wechselte ein Teil an die neu eingerichtete Fachhochschule Münster über, während ein anderer Teil sich für den Abschluß der Höheren Fachschule auf dem Mallinckrodthof entschied. Als Nachfolgesystem der Höheren Fachschule wurde die 3jährige Fachschule für Hauswirtschaft vom Kultusminister eingerichtet und auch für den Mallinckrodthof genehmigt. Seit 1974 wird dieses System als 2jährige Fachschule für Ernährungs- und Hauswirtschaft geführt. 1971 wurden gleichzeitig als vorbereitende Systeme für die Fachhochschule die Fachoberschulen eingerichtet. Für den Mallinckrodthof wurden die Fachoberschulen-Klassen 11 und 12 für Hauswirtschaft und Sozialpädagogik beantragt und genehmigt. Daneben bot der Mallinckrodthof in den siebziger und achtziger Jahren folgende Ausbildungsgänge an:

  • ein- und zweijährige Berufsfachschule für Ernährungs- und Hauswirtschaft,
  • einjährige Fachschule für Wirtschafterinnen.

Ende der achtziger Jahre kam es aus schulpolitischen und gesellschaftlichen Gründen zu einem Rückgang der Schülerzahlen (1985 = 165 Schüler/ 1991 = 75 Schüler), so daß das Wohnheim nur noch zum Teil belegt war. Aus diesem Grund stellte der Schulträger zwei Etagen des Wohnheims der Gemeinde Borchen zur Verfügung, die damit vorübergehend Wohnraum für Spätaussiedler (größtenteils aus der früheren Sowjetunion) anbieten konnte. Die Wohnheimschülerinnen können zur Zeit im Haupthaus untergebracht werden. Seit dem 1. August 1992 bildet die Schule in folgenden Berufen aus:

  • staatlich geprüfte Oecotrophologin/zweijährige Ausbildung,
  • staatlich geprüfte Wirtschafterin/einjährige Ausbildung,
  • Familienpflegerin und Familienpflegerin in der Landwirtschaft/zweijährige Ausbildung mit anschließendem Berufsanerkennungsjahr.

n den über 90 Jahren ihres Bestehens blieb die Schule in freier Trägerschaft staatlich anerkannte private Ersatzschule, geprägt vom Geist eines christlichen Menschenbildes. Zu den kooperativen Mitgliedern im Schulträgerverein zählten außer dem Erzbischöflichen Stuhl die Gemeinde Borchen, die Stadt und der Kreis Paderborn, die Landwirtschaftskammer Westfalen-Lippe wie auch der Schule besonders verbundene Einzelmitglieder. Über allen Wandel der Schulsysteme hinweg mit Landfrauenschule, Lehrerinnenbildungsanstalt, Höhere Fachschule, Fachoberschule, Fachschule, Berufsfachschule und Fachseminar ist der Mallinckrodthof seinem pädagogischen Prinzip des engen Ineinanders von Theorie und Praxis wie auch der Solidität einer Ausbildung, die die ganze Persönlichkeit umfaßt, stets treu gewesen.

Besitzfolge auf dem Oberhaus:

  • 1430 Cord, Fridrich und Johann von Oeynhausen
  • 1500 Burghard von Oeynhausen
  • 1515 Wulff von Oeynhausen (Gründer der Nordborchener Linie),verh. in erster Ehe mit Judith von Lenthe * 1460, ++1504
  • 1540 Otto von Oeynhausen, ++ 1573, verh. mit Angela von Münchhausen
  • 1580 Wilhelm von Oeynhausen, ++1618, verh. mit Goda von Brenken
  • 1620 Otto Wilhelm von Oeynhausen
  • 1644 gekauft von Christoph von Hörde
  • 1684 gekauft von Moritz von Oeynhausen,*1658, ++1702, verh. mit Theodora Elisabeth von Westphalen, ++1707
  • 1707 erbte Johann Wilhelm von Haxthausen-Abbenburg, *1659, ++1742, verh. mit Barbara Catharina von Westphalen
  • 1749 gekauft von Johann Baptist Bianco, *1708, ++1775. Der Hof wurde von Conrad Christoph Stöcker geführt.
  • 1775 erbte Maria Catharina Bianco, verheiratete Gleseker, *1729, ++1805
  • 1806 erbte Maria Elisabeth Gleseker, verheiratete Meyer, *1760, ++ 1846
  • 1809 kaufte Georg Anton von Hartmann,*1749, ++1819, verh. mit Bernhardine von Pein, *1756, ++1837
  • 1819 erbte Carl von Hartmann, *1788, ++1842, verh. mit Marianne von Pein, ++1875
  • 1842 erbte Hermann von Hartmann, *1832, ++1871
  • 1871 kaufte Hermann von Mallinckrodt, *1821, ++1874, verh. in erster Ehe mit Elisabeth Freiin von Bernhard, ++1872, und in zweiter Ehe mit Thekla Freiin von Bernhard, *1845, ++1931
    1874 erbte Meinolf von Mallinckrodt
  • 1899 kaufte Hugo Freiherr von Brackel
  • 1901 kaufte Ewald Peters
  • 1911 kaufte die wirtschaftliche Frauenschule das Restgut.